Kann hier eine Löwin allein überlben?
Lebensraum der Löwin…

Leider gab es bei meiner zurückliegenden Expedition ein sehr trauriges Erlebnis, was am Ende zwei traurige Erlebnisse für Mensch und Löwin wurden.

Es wurde ja weltweit in den Zeitungen darüber berichtet „Mann von Wüstenlöwin getötet“. Leider wurde da wie so oft in der Presse, nicht über Hintergründe und Ursachen aufgeklärt und so blieb der Anschein, dass die blutrünstige Löwin ein menschliches Opfer zu verantworten hat. Die dümmste Überschrift kam wie so oft von der Bildzeitung „Er spendete für wilde Tiere, dann zerfleischte ihn eine Löwin“. 

Es ist allerdings anders und es sind zwei hochtragische Schicksale zu beklagen.

Bereits Ende Mai wollte ich in der Skelettküstenwüste in Namibia eintreffen. Dort filme ich schon seit vielen Jahren die Wüstenlöwen, deren Bestand allerdings wohl schon die kritische Masse unterschritten hat. Da die Produktion in der Zentralkalahari so enorm gut lief und wunderschöne Geschichten entstanden, bin ich einige Tage später eingetroffen und wenige Stunden nach dem tragischen Vorfall, bei dem ein guter Freund von der Löwin getötet wurde.

Die Vorgeschichte…

Die Löwin, um die es sich dreht, hatte 2020 das letzte mal einen Wurf. Ich durfte noch im Februar 2021 sie mit ihren 4 Babys filmen. Später dann im August waren es nur noch 2 Junge. Damals hatte das Rudel eine harte Zeit. Ziemlich abgemagert hatten die beiden Löwinnen sichtlich Mühe Giraffen zu erbeuten. Zwei Mal konnte ich dokumentieren, wie eine Giraffe die Jäger regelrecht überrannte. Wüstenlöwen sind letztlich keine eigene Art, sondern einfach perfekt angepasst und hoch spezialisiert. So bleiben die Jungen lange mit den Müttern und Tanten zusammen, ehe sie alle Trick und Finten gelernt haben, um in einem unsagbar kargen Lebensraum zu überleben, wo wir Menschen ohne fremde Hilfe in wenigen Tagen tot wären.

2023 ist die Schwester der Löwin mit den zwei fast erwachsenen Kindern an die Küste gewandert, um dort nahe einer Robbenkolonie ein Revier zu beziehen. Vermutlich eine clevere Entscheidung, denn 2024 kam die große Dürre.

Letztes Jahr in der Dürre sass ich dann noch fünf Meter von der Löwin entfernt auf dem Boden. Sie hatte eine Giraffe alleine erlegt. Ich dacht mir nur „Oh, nun bist du echt alt und deine Zähne ziemlich am Ende“.

Nun, was ist passiert in dem Reich der Wüstenlöwen? Ganz einfach, es gibt zwar nicht viele Dörfer dort, aber dennoch heftige Mensch-Tier-Konflikte. Man kämpft sozusagen um das wenige mit harten Bandagen. Viele Wüstenlöwen wurden vergiftet. Der Bestand ging rapide nach unten . Die Überlebenshilfe für alte oder verletzte Löwen, nämlich das soziale Rudel, das sich auch um gehandicapte Mitglieder kümmert, verlor sich im Nichts.

Die Auswirkungen der Dürre 2024…

Eine leider ebenso erschreckende Erkenntnis kam dazu. Die Dürre zeigte richtig zeitversetzt ihre ganze Auswirkung. Als ich letztes Jahr in der Dürre das komplette Hoanib Tal bis zum Atlantik fuhr, sah ich mindestens sechszig Giraffen, einige Bergzebras, viele Springböcke und einige Oryxe. Dieses Mal nichts! Die Befürchtung, dass in sehr fragilen Lebensräumen Wetterextreme Artenschwund beschleunigen, wurde leider nun per Live-Studie bestätigt. Nach der Dürre 2024, kam nun das historische Regenjahr. Für die meisten Beutetiere kam es aber zu spät. Für die, die das Fiasko 2024 überlebt hatten, hiess es mehrheitlich „Geh raus in die kargen Ebenen, denn da gibt es jetzt auch Gras“.

Im Revier der Löwin gab es schlicht keine Beutetiere mehr. Dazu kam das fehlende Rudel und starke Alterserscheinungen. Also, was nun? Ganz einfach, wenn wir am verhungern sind, schiessen wir in letzter Konsequenz auch den Nachbarn tot und hauen ihn auf den Grill. Genau das ist nun passiert.

Die Löwin war am Ende und hat dann versucht wenigstens einen Menschen zu jagen. Sie hat Bernd wohl nach allen Aussagen gezielt getötet, wurde danach aber vertrieben. Als ich ins Tal kam, herrschte rege Konfusion. Die Frage war natürlich, ob es nun ein „Man-Eater“ Löwe ist (Löwen die lernen, wie einfach es ist einen Menschen zu töten, tun es immer wieder) oder ob der Unfall andere Ursachen hat. Ehrlich gesagt, war mir ersteres leider ziemlich klar. Von daher hatte ich eine etwas unruhige Nacht im einsamen Hoanib. Ich konnte mir gut vorstellen, dass mich die Löwin als nächstes auflauert. Sie hatte sich allerdings anders entschieden und in einiger Entfernung in einer Zeltlodge angegriffen. Am Abend wurde sie dann erschossen.

Die wichtige Erkenntnis ist aber – „Schuld allein trifft nur den Mensch“. Wir haben in großer Respektlosigkeit und Arroganz, da wir ja meinen, der Planet wäre einzig für uns geschaffen, den Wüstenlöwen Lebensraum streitig gemacht und den Großkatzen die klimatische Voraussetzungen für ein langfristiges Überleben dort genommen.

Tragisch für das Opfer (zumal einer, der sich wirklich für die Wüstenlöwen einsetze), tragisch für die Löwin und ein weiterer Sargnagel für das Kapitel „Wüstenlöwen“.

Ich fürchte, dass ich wieder einmal etwas unglaublich Tolles und Berührendes erleben durfte, das demnächst in den Geschichtsbüchern dokumentiert ist. Tja….

Und so wird auch diese Reise immer mehr zum Juwel. Lust nächstes Jahr mit in die Kalahari zu kommen? Hier mehr Infos.

author image

About Matto

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Das könnte Dich auch interessieren...

Weltpremiere von Pambara
Botswana verfügt über einen guten Gepardenbestand. Matto Barfuss führt euch dahin.
In Uganda leben Berggorillas
Löwen und ihre Geschichte mit Matto Barfuss hautnah erleben
Magazin G von Matto Barfuss
Pambara